Beim vierten und letzten Digitalen Religionsgespräch des Jahres 2021 widmeten sich am 7. Dezember Vertreter:innen von acht Religionsgemeinschaften der Frage „Was kommt nach dem Tod?“.

Trotz vielfältiger Vorstellungen und Interpretationen davon, was nach dem Tod passiert, sei man sich im Judentum einig, dass es ein Leben nach dem Tod gibt, sagt Daniel Neumann, Direktor des Landesverbandes der Jüdischen Gemeinden in Hessen. Wie das aussehe, sei aber gar nicht so wichtig; denn es gehe vielmehr darum, sich auf das Leben hier als solches zu konzentrieren: „Wenn man das Leben nach dem Tod in zu bunten Farben malt, kann es dazu führen, dass man das Leben in dieser Welt vernachlässigt und nur darauf hinarbeitet, was danach kommt“.

Khushwant Singh, Mitbegründer des Rates der Sikh-Religion, schließt sich Neumann an: Auch in der Sikh-Religion gehe es darum, das Leben jetzt positiv zu gestalten: Wie lebe ich im Hier und Jetzt? Welche Wirkung entfalte ich im Alltag? „Bin ich in Balance mit meinen Mitmenschen und meiner Umwelt, bin ich bereits im Paradies“. Dr. Irfan Ortac, stellvertretender Vorsitzender des Zentralrats der Eziden, betont, dass auch das Ezidentum diese Erde als Paradies begreift; als Geschenk Gottes für die Menschen. „Wir können uns glücklich schätzen, dass wir auf dieser Welt leben dürfen“, sagt er. Daher sei jeder Mensch dazu angehalten, gute Taten zu vollbringen, Verantwortung zu übernehmen und auf das, was Gott geschaffen hat, Acht zu geben.

Abdu‘l-Bahá, der Sohn des Religionsstifters der Bahá’í, Bahá’u‘lláh, sagt: „Denke über den Tod nach und über das Leben danach. Und dann: Lebe das Leben! Lebe das Leben! Lebe das Leben!“. Damit widmen sich auch die Bahá‘í besonders dem Leben und den Mitmenschen, so Svea-Patricia Kammer, Vertreterin der Bahá‘í-Gemeinde Deutschland. Der Tod habe auch im Buddhismus viel damit zu tun, sich zu fragen: Wie lebe ich das Jetzt?, fasst Werner Heidenreich, Vertreter der Deutschen Buddhistischen Union, zusammen. Das Leben vor dem Tod sei dadurch ein wichtiger Bestandteil und eine Möglichkeit, gelöst zu sterben. Auch Dr. Hamideh Mohagheghi als Vertreterin des Islams und Sprecherin des Rates der Religionen Hannover, sagt: „Was wir nach dem Tod erleben, ist das, was wir selbst vorausgeschickt haben“.

Während im Judentum, Ezidentum, der Sikh- und Bahà’ì-Religion die Seele als unsterblich angesehen wird, sei im Buddhismus alles vergänglich. Wenn es nichts gibt, was hält, ist es der Moment, der das eigentliche Leben darstellt, so Heidenreich. Im Hinduismus glaube man an die Wiedergeburt, die Reinkarnation der Seele, die ähnlich wie in anderen Religionen unsterblich ist. Das Karma entscheide darüber, was nach dem Tod passiert, sagt Anjali George, Vertreterin des Hinduismus im Frankfurter Rat der Religionen. Weder das Leben noch der Tod ist das Ende. Es sei eher ein Neuanfang, so George.

Dass die verschiedenen Vorstellungen vom Jüngsten Gericht, von der Auferstehung, von Paradiesgärten und der Hölle in den Schriften sehr bildlich und plastisch beschrieben sind, darüber sind sich Oberkirchenrat Dr. Detlef Görrig von der Evangelischen Kirche in Deutschland und Dr. Hamideh Mohagheghi einig. Diese Bilder, so Mohagheghi, seien ein Hinweis darauf, dass der Mensch sich von dieser vergänglichen Welt nicht abhängig machen solle, das Leben aber trotzdem schätzen und Verantwortung in der irdischen Welt übernehmen solle.

Zum Abschluss betonen Khushwant Singh und Jürgen Micksch, dass der offene interreligiöse Austausch auch zu brisanten Themen zeigt, wie die verschiedenen Religionsgemeinschaften sich in vielen Dingen ähnlich sind. So führe der Dialog dazu, sich einander anzunähern, anstatt sich voneinander wegzubewegen. Die Wahrheiten lägen auf der Hand, so Singh, nämlich, „dass das Leben in der Form, wie wir es kennen, irgendwann beendet ist“. Und die wichtige Frage sei: „Wenn ich weiß, dass ich morgen nicht mehr hier sein werde, wie möchte ich die Welt hinterlassen?“ Oberkirchenrat Dr. Görrig fasst die Einigkeit der verschiedenen Religionen treffend zusammen: „Was die Religionen über das Leben nachdem Tod sagen, sagt sehr viel mehr noch darüber, was sie über das Leben vor dem Tod denken.“

Über die Frage, wie es mit der Reihe der Digitalen Religionsgespräche weitergeht, wurde zum Ende gesprochen. Man war sich einig, dass das Format fortgeführt wird. Informationen darüber werden weiterhin auf der Internetseite https://abrahamisches-forum.de/projekte/digitale-religionsgespraeche/ und an Interessierte per Mail (dialog@abrahamisches-forum.de) bekannt gegeben. Bei Fragen ist Rebekka Schuster (Tel.:  06151 – 66 782 57) und ab Januar 2022 Stephanie Krauch (Tel.: 06151 – 39 197 41) gerne erreichbar.

Rebekka Schuster

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